Nächtliches häufiges Aufwachen – und wie man aus dieser „Nummer“ wieder rauskommen kann
Kürzlich wurde ich von einer Mutter gefragt, wie es gelingen kann, dass ihre Tochter (11 Monate) nicht stündlich aufwacht, dann kurz an der Brust trinkt, wieder einschläft, wieder aufwacht, trinkt und so weiter.
Hier hat sich offenbar ein Muster gebildet. Auf mein Nachfragen erfuhr ich, dass das Mädchen meist nicht völlig wach wird, sondern nach einigem Saugen an der Brust wieder in den Schlaf gleitet. Manchmal trinkt es wirklich mehr, aber auch da hat die Mutter nicht den Eindruck dass es ganz wach ist. Wenn das Baby nicht gestillt wird, wacht es vollständig auf und beginnt zu schreien. Aus diesem Grund gab die Mutter bislang immer die Brust, damit alle wieder schlafen können – zumindest für kurze Zeit.
Dass dies anstrengend und zehrend ist, können wir alle nachvollziehen, denn seit der Geburt ist nun beinahe ein Jahr vergangen und es gab kaum längere durchgängige Schlafenszeiten des Mädchens.
Es ist zunächst einmal absolut verständlich, dass das Beruhigen durch das Stillen eine übliche Vorgehensweise ist, was viele Mütter tun. Es ist eine hilfreiche, rasch wirksame Antwort auf das Schreien unseres Babys, besonders nachts.
Wir neigen dazu zu glauben, dass jedes Weinen, jedes Schreien des Kindes ein Aufruf ist, dieses sofort zu beenden, sei es durch Stillen, einen Schnuller oder eine andere Beruhigungsform. Unser Gefühl sagt uns, dass wir das Weinen stoppen sollen, anstatt die Emotion unseres Babys anzuerkennen, indem wir ihm zuhören und zu verstehen versuchen, bevor wir handeln.
Wenn Babys im SpielRaum aus irgendeinem Grund weinen, versuche ich, den Eltern zu versichern, dass Weinen hier erlaubt ist und dass das Schreien eines Babys keine Anklage gegen sie ist – im Gegenteil. Es braucht einen mutigen und souveränen Elternteil, um ruhig zu bleiben, auf das Schreien seines Babys zu hören und eine abgestimmte, genaue Antwort zu geben.
Babys weinen, um eine Vielzahl von Bedürfnissen auszudrücken und mitzuteilen – und manchmal müssen sie sich beschweren und unangenehme Gefühle ausdrücken, über Situationen die die Eltern nicht unbedingt immer regeln oder lösen können.
Schreien und Weinen zur Schlafenszeit ist für die Eltern besonders schwer zu ertragen. Wir sind müde und erschöpft, und nachts die Ruhe zu bewahren, damit alle so schnell und einfach wie möglich wieder einschlafen, hat Priorität. Es wird gestillt, gewiegt, geschaukelt, gesungen… was auch immer nötig ist.
Einige Babys werden irgendwann von alleine und „nicht-unterstützt“ in den Schlaf finden, die meisten aber wollen weiter einschlafbegleitet werden, so wie sie es von den Eltern gewohnt wurden..
Und wenn dieses Arrangement auch für die Eltern in Ordnung ist und das Baby tagsüber ausgeschlafen und wohlauf zu sein scheint, gibt es oft wenig Grund, etwas zu ändern.
Aber manchmal ist eine dauerübermüdete Mutter gern bereit bzw. ist es sogar eine Notwendigkeit, mit dem Baby eine neue Art des Einschlafens zu finden.
Es gehört zu einer der wichtigsten Lernaufgaben eines jungen Kindes in den ersten ein bis zwei Lebensjahren, gute Schlafgewohnheiten zu entwickeln.
Dabei brauchen manche Kinder mehr, manche Kinder wenige Unterstützung von den Eltern.
Grundsätzlich hilft ein möglichst regelmäßiger, ruhiger, vorhersehbarer Tagesablauf,
Ebenfalls hilfreich ist täglich einige Zeit an der frischen Luft, Manche Kinder verbringen auch ihren Mittagsschlaf an einem geschützten Platz im Freien.
Auch wenn es Anfangs schwieriger erscheint, so macht es doch Sinn, das Baby wach und seiner selbst bewusst ins Bett zu legen. So kann es in den häufig wiederkehrenden Leichtschlafphasen in der Nacht sich besser orientieren und ist nicht verwirrt, dass es sich an einem anderen Platz befindet, als es vor dem Einschlafen war (im Arm der Mutter beispielsweise)
Die gute Nachricht ist, dass Babys extrem anpassungsfähig sind. Sobald wir fix beschlossen haben, eine Angewohnheit jeglicher Art zu ändern und das Vertrauen, dass diese Entscheidung richtig und gut ist, zu 100 % getroffen ist, brauchen Babys normalerweise nur ein paar Tage, um einen Übergang, eine Veränderung zu vollziehen.
Diese Veränderung wird in vielen Fällen nicht ganz ohne Beschwerde des Babys passieren. Dies ist verständlich und nicht besorgniserregend, da wir das Baby beim Übergang ja nicht alleine lassen..
Tatsächlich ist es in der Regel viel einfacher, unserem Kind zu helfen, seine Gewohnheiten zu ändern, als wir es uns vorstellen, sobald wir sicher sind, dass die Änderung für alle Beteiligten am besten ist. Wenn wir (als Leitwolf unseres Kindes) jedoch zögerlich sind, uns unsicher oder unbehaglich fühlen, ist es für das Kind viel schwieriger, die Veränderung anzunehmen und umzusteigen. Kinder spüren in jedem Fall unsere Ambivalenz.
Es wird also helfen, einen Plan zu machen, wann man diese Umstellung angehen wird. Vielleicht ist ein Wochenende sinnvoll, damit eine unter Umständen noch unruhigere Nacht für alle Beteiligten zu bewältigen ist.
Es ist auch bedeutsam, das Baby im Voraus ein wenig vorzubereiten. Magda Gerber ermutigte die Eltern stets, ehrlich mit dem Baby über Veränderungen in ihren Routinen und Abläufen zu sprechen und sie in den Prozess einzubeziehen. „Wenn Du heute Nacht aufwachst, werde ich dich nicht mehr stillen. Du kannst ein Wasser bekommen, aber ich möchte, dass du wieder einschläfst, damit du dich wirklich gut erholst.“
Die Haltung von uns Erwachsenen in diesem Prozess ist sehr entscheidend. Wenn wir daran glauben und vertrauen, dass das Baby in der Lage ist, unabhängig von unserer Unterstützung einzuschlafen, anstatt uns Sorgen zu machen oder es zu bemitleiden, ist das sehr hilfreich für das Baby.
In der Folge machen die Eltern weniger und lassen das Baby mehr tun. Anstatt in der Nacht zu stillen, können sie ihr Baby streicheln und leise sprechen, ihre Gefühle zum Ausdruck bringen und sie anerkennen. „Ich höre dich. Du möchtest dass ich dich stille und dir die Milch beim Einschlafen hilft. Du bist verärgert, weil es anders als sonst ist. Es ist Zeit, wieder einzuschlafen. Du kannst es schaffen.“ Und es kann es wirklich mit unserer Unterstützung und dem tiefen Glauben daran.
Um es nochmals zu betonen, es wird das Kind NICHT alleine schreien gelassen. Wenn es sich beschwert und weint, sind wir in der Nähe, streicheln es, und versuchen, Sicherheit, Ruhe und Vertrauen auszustrahlen.
Die Eltern im SpielRaum, die diese Erfahrung gemacht haben, sind durchwegs überrascht, dass es viel einfacher geht, als sie es sich vorgestellt haben, eine Gewohnheit zu verändern, wenn sie wirklich, wirklich davon überzeugt sind, etwas ändern zu wollen.